Beobachtungen zu fotografierenden Zeitgenossen auf Konzerten

Beobachtungen zu fotografierenden Zeitgenossen auf Konzerten
Fotodeppen

Der Besuch eines Konzertes ist für wohl fast jeden Besucher ein tolles Erlebnis. Verständlich, dass so etwas auch in Bild und/oder Ton festgehalten werden soll. Nun muss aber unterschieden werden, wer da so alles Bilder macht – fangen wir doch ‚mal mit einer groben Unterteilung an:

1. „Normale“ Besucher

… haben ihre Kompaktknipse oder das Foto-Handy dabei und drücken begeistert mit hochgestrecktem Arm auf den Auslöser was das Zeug hält. Benachteiligt durch die eingeschränkte Sicht und die Beschränkungen ihres „Equipments“ können da im Regelfall natürlich keine herausragenden Bilder entstehen – Erinnerungsschnappschüsse aber allemal. Das ist auch völlig in Ordnung so und wird von mir auch nicht weiter kommentiert. Im Gegenteil: Ich find’s sogar reichlich blöd, wenn die Security am Eingang angewiesen ist, selbst solche Geräte einzukassieren.

2. Die „Profis“

… sind oft – neben dem Equipment und umhängenden Ausweisen – an ihren Ohrstöpseln zu erkennen. Für sie ist ein Konzertbesuch meistens mehr Arbeit als Vergnügen – wenn beides zusammentrifft, umso besser. Jeder hat in Details eine andere Arbeitsweise bzw. -philosophie; letztlich zählt aber nur das Resultat. Die anderen Kollegen im Graben werden so wenig wie möglich behindert, fast jeder hat Verständnis für die anderen Fotografen und versucht, seine Bilder zu machen und gut ist’s. Wer direkt vor den Boxen durch seine Ohrstöpsel nur mit dumpfem Sound beschallt wird, seine schweren Kameras stemmen muss und dabei noch auf mögliche Stolperfallen der Absperrgitter im Halbdunkel achten muss, der hat eher Arbeit denn Vergnügen.

3. Die „Möchtegerns“

Fast noch spannender als die Action auf der Bühne ist es oft, dieser Spezies der „Fotografen“ einmal zuzusehen. Oft ausgerüstet mit einer DSLR fühlen sie sich schon richtig „professionell“. Leider ist ihr Verhalten und ihr Verständnis der Situation nicht immer ganz so professionell ausgeprägt. Beispiele? Gerne!

„Möchtegern-A“ hat an seiner DSLR ein Ultraweitwinkel-bis-Supertele-Zoom hängen (von erbärmlicher Lichtstärke natürlich). Dieses Mangels ist er sich natürlich bewusst – zum Glück bietet seine Kamera-/Objektivkombination ja so ein tolles Feature wie Bildstabilisierung, so dass er problemlos auch die 1/15 Sekunde aus der Hand halten kann. Wer damit etwas anderes als die „Regensburger Domspatzen“ fotografieren will, hat schon von vornherein verloren. (Ich erspare mir jetzt die Erklärung, warum das so ist, dazu gibt’s genügend Fotoforen im www, in denen das in ungezählten Threads seitenlang immer wieder diskutiert wird.) Nun gibt es aber zwei ganz schlaue Unterkategorien von „Möchtegern-A“, die sich der Problematik des mangelnden Lichtes durchaus bewusst sind und von daher dieses Problem durch den Einsatz von weiterer Technik bekämpfen:

„Möchtegern-A-Stativ“ ist sehr beliebt im Graben! Als ob es dort in der Hektik und im Halbdunkel nicht schon genügend Stolperfallen gäbe! Noch genialer finde ich persönlich allerdings

„Möchtegern-A-Blitz“: Wohl wissend, dass irgendwie das Licht auf der Bühne wohl nicht ausreichen wird, kommt der aufgesteckte oder eingebaute Blitz zum Einsatz. Wohlgemerkt: Gegen vernünftiges Aufhellblitzen habe ich persönlich nichts, das mache ich selbst gerne – allerdings nicht auf Konzerten, da ich weiß, dass Musiker das nicht unbedingt mögen. Wer allerdings versucht, mithilfe seines Blitzes und der an der Kamera eingestellten „geile-Konzertbilder-Vollautomatik“ einige tausend Watt auf der Bühne niederzublitzen, der ist in meinen Augen mit dem Klammerbeutel gepudert. Glücklicherweise gibt’s Securityleute, die solche fototechnischen Geisterfahrer schnell aus dem Graben hinauskomplimentieren.

„Möchtegern-B“ ist auch ein interessanter Typ. Durch irgendeine glückliche Fügung des Schicksals darf er in den Graben oder sogar auf die Bühne. Das wäre an sich nicht weiter problematisch, wenn dieser Mensch nicht dauernd seinen Fotorucksack genau dorthin legen würde, wo er unter Garantie eine weitere Stolperfalle für alle anderen darstellen würde. Zudem verbringt „Möchtegern-B“ ca. 30% der Zeit des Gigs damit, in ebendiesem Rucksack herumzukramen, um ein anderes Objektiv / neue Akkus / eine neue Speicherkarte / den nächsten Müsliriegel im Halbdunkel zu finden. Erwähnte ich schon, dass ein im Halbdunkel kauernder Rucksackgräber ebenfalls eine unnötige Stolperfalle darstellt?

Sehr gut kommen übrigens auch Typen der Kategorie „Möchtegern-C“. Sie vermeiden alle Fehler der Kategorien A und B, dafür haben sie eine andere Unart: Häufig sind sie auf Einladung der Band vor Ort und dürfen während des Gigs auch auf die Bühne. Dagegen ist absolut nichts einzuwenden – es ist toll, wenn man als Fotograf diese Möglichkeit hat. Aber… wenn dann so ein Möchtegern auf der Bühne eine stärkere optische Präsenz hat als die Musiker, dann läuft hier in meinen Augen etwas schief, und zwar gewaltig! Wenn beispielsweise einige Minuten lang von den Drums nur noch Teile zu erahnen sind, weil direkt davor mit dem Rücken zum Publikum ein „Kollege“ steht, der seine Kamera gezückt hält, dann hört’s auch für mich irgendwann auf. Nichts gegen gute Bilder vom Drummer (da gibt’s ohnehin immer viel zu wenig von), aber so eine „Foto-Session“ muss nicht mehrere Minuten dauern. Besonders gut kommen in solchen Situationen auch auffällig helle Kleidungsstücke des Kamerabenutzers und intensives Studium des Displays der Kamera nach jeder gemachten Aufnahme. Erwähnte ich schon, dass ich bei einem Gig einmal fast den Bassisten über den auf der Bühne abgelegten Fotorucksack stolpern sah?

Gemein ist übrigens fast allen Möchtegerns, dass sie sich im Graben irgendwie nicht richtig benehmen können und sehr energisch und mitunter auch lautstark ihr „professionelles Recht auf den besten Platz“ einzufordern versuchen. Hach – wie gut, dass ich im Gegensatz zu ihnen Ohrstöpsel trage… 😉

So, nun habe ich hier einmal ordentlich ablästern können und wer mein häufiges Grinsen auf Gigs irgendwie nach dem Lesen dieser Zeilen immer noch nicht nachvollziehen kann, den interessiert Fotografie entweder nicht die Bohne (was nicht weiter schlimm ist) oder der gehört vielleicht auch zur Kategorie 3.