Was ich bei einem Gig alles so dabei habe…

Was ich bei einem Gig alles so dabei habe…

Oft werde ich gefragt, womit ich denn so fotografiere und was für Konzertfotografie denn nun die „richtige Ausrüstung“ sei. Und genauso oft gibt es in diversen Internet-Fotoforen darüber erbitterte Diskussionen – am lautesten oft von denjenigen Deppen geführt, die noch nie ein brauchbares Bild vorzeigen konnten bzw. über den Status eines „Handy-hochhalten-und abdrücken-Knipsers“ noch nicht hinausgekommen sind.

Die Kamera(s)

20080125-aktDie eingangs gezeigte TLR (Twin-Lens-Reflex = zweiäugige Spiegelreflexkamera) ist natürlich nur ein Jux. Theoretisch könnte natürlich auch damit ein Konzert fotografiert werden, aber das muss nun wirklich nicht sein, digitale Technik ist da schon ein riesiger Fortschritt, den ich selbstverständlich auf Gigs auch nutze. Das heisst natürlich nicht, dass ich zu anderen Gelegenheiten nicht auch alte analoge Technik nutze: Erotik-Aufnahmen mit alter analoger Technik können durchaus ihren Reiz haben, wie das nebenstehende Bild zeigt…

Aber zurück zum Thema: Ich nutze also zwei identische digitale Spiegelreflexkameras, welche Baujahr 2005 sind. Das ist – gemessen an den Entwicklungszyklen – zwar schon Steinzeitmaterial, aber mir reicht diese Technik. Irgendwann werde ich natürlich auch wieder einmal mit neueren Kameras fotografieren, aber qualitativ bin ich mit den Ergebnissen (meistens) zufrieden. Wichtig sind für mich nicht irrsinnig hohe Megapixel-Werte, sondern das Rauschverhalten der Kameras bei schlechten Lichtverhältnissen. Und da kann ich mit meinen beiden noch ganz gut leben – zur Not muss bei extremen Lichtverhältnissen noch einmal nachträglich per EBV entrauscht werden.

Zwei identische Kameras nutze ich deswegen, weil ich so mit zwei unterschiedlichen Optiken fotografieren kann, ohne Zeit durch einen Objektivwechsel zu verlieren – eigentlich würde ich deswegen sogar gerne mit drei Kameras fotografieren. Identische Kameras deswegen, weil ich dann im Eifer des Geschehens nicht immer umdenken muss. Diese Arbeitsweise nutze ich seit 1982, als ich zum ersten Mal zwei identische Bodies mein Eigen nennen durfte. Seit jener Zeit habe ich dieses Arbeitsschema nicht mehr verändert.

Die Kameraeinstellungen

Auch wenn die Kamera „alles auf grün“ kann – vergesst es! Macht die Blende weit auf, wählt eine hohe ISO-Einstellung und geht auf Zeitautomatik (in seltenen Fällen geht’s auch mit Blendenautomatik, aber da muss das Licht schon für brauchbare Belichtungszeiten mitspielen). Wenn möglich, dann sollte Selektiv- oder besser noch Spotmessung zum Einsatz kommen, wobei die Spotmessung auch oft gewaltig daneben zielen kann. Autofocus entweder auf „One Shot“ (oder wie das bei der eigenen Kamera gerade heißt) oder ggf. auch auf „continous“ – wenn’s der Kamera-AF packt.

Die Objektive

Auch hier gibt es verschiedene Ansichten: Manche schwören auf lichtstarke Festbrennweiten, andere auf lichtstarke Zooms, manche auf einen Mix. Ich muss gestehen, dass ich eher zur „Zoomfraktion“ gehöre, da bin ich einfach flexibler, wenn das Geschehen auf der Bühne hektisch wird. Natürlich könnte ich auch Festbrennweiten einsetzen, das mache ich aber nur selten. Entscheidend ist allerdings, lichtstarke Objektive zu verwenden – je größer die Anfangsblende, desto besser. Am Besten natürlich mit durchgängig hoher Lichtstärke. Solche Optiken sind zwar oft teuer und schwer, aber das Resultat lohnt sich. Das oft gebrachte Argument „Wozu Lichtstärke, ich hab‘ doch einen Bildstabilisator!“ kann ich nicht mehr hören. Wer gerne und oft Gigs des Tölzer Knabenchors oder ähnlich „bewegungsintensive Action“ fotografiert, der möge mit solchen Optiken glücklich werden. Ich denke, eine Johannes-Heesters-Gala lässt sich auch prima noch mit einer 1/15 s fotografieren. Action in einem Rockkonzert braucht allerdings oftmals extrem kurze Verschlusszeiten – und womit erreicht man die? Richtig – mit großen Blendenöffnungen.

Die Brennweiten-Empfehlungen richten sich natürlich auch nach den räumlichen Gegebenheiten. Es gibt kleine und enge Bühnen, da kommen einem schon 50 mm Brennweite wie ein Tele vor und dann gibt’s ebenfalls Bühnen, da kann das Tele nicht lang genug sein. Umgerechnet auf Kleinbild bin ich meistens mit Brennweiten von knapp 20 mm bis hin zu gut 300 mm unterwegs. Allerdings kann auch auf einer großen Bühne ein Superweitwinkel für schöne und dramatische Effekte sorgen, wenn es in der Lage ist, noch viele Spots und/oder VariLights mit einzufangen.

Kleinkram

Also, bislang haben wir DSLR(s) und lichtstarke Optiken, was fehlt uns noch?

Neben ausreichenden Akkus und Speicherkarten direkt am Körper kann es nicht schaden, einen sog. „Imagetank“ dabei zu haben. Wenn ich ein ganzes Konzert durchfotografiere, dann habe ich meistens irgendwo im Backstage-Bereich meinen Imagetank herumliegen, der die Bilder von vollen Karten auf die Platte schaufelt, während ich vorne weiter fotografiere. Ich könnte natürlich auch genügend Speicherkarten vorne dabei haben, um diesen Schritt zu vermeiden, aber da ich den Imagetank sowieso besitze, kann der auch genutzt werden. Ich gebe aber zu, dass es nicht immer möglich ist, diesen irgendwo sicher und unbeaufsichtigt abzulegen…

Taschen und natürlich auch Stative haben im Graben und auf der Bühne nichts verloren – das gilt sogar für mich, wenn ich als Fotograf der Band aktiv bin – die Stolpergefahr ist einfach zu groß. Im Backstage-Bereich habe ich jedoch des öfteren eine kleine Tasche sicher irgendwo herumliegen, da befinden sich weitere Akkus, der Imagetank und meistens auch noch eine kleine Taschenlampe drin. Ebenso befindet sich in der Tasche die Aufbewahrungsbox für meine Ohrstöpsel. Die Stöpsel selbst trage ich natürlich in den Ohren. Ach ja… und dann bin ich bekannt dafür, dass in der Nähe meiner Tasche immer noch mindestens eine Wasserflasche steht – man glaubt als unbeteiligter Zuseher gar nicht, dass nicht nur die Musiker auf der Bühne einen schweißtreibenden Job haben.

Kleidung

Eigentlich überflüssig zu erwähnen, aber dennoch hier auf der Liste: Die Kleidung. Ich selbst bevorzuge auf Konzerten schwarze Kleidung: T-Shirt und Jeans. Nichts ist schlimmer, als ein Fotograf, der in hellen Klamotten auf der Bühne herumturnt und alle Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Und auch im Graben und Backstage ist nicht immer alles pikobello sauber und staubfrei, hier erweisen sich dunkle Kleidungsstücke oftmals als die bessere Wahl. Das Schuhwerk sollte bequem und trittsicher sein, es gibt einfach zu viele Stolperfallen im Dunklen.

Blitz?

Was ist das? Wer so etwas dabei hat, und nutzen will, der gehört des Grabens verwiesen! Erst neulich sah ich wieder so einen Deppen mit fettem externen Akkupack an der Hüfte. Blitz in der Stadthalle schön auf indirekt an die ca. 15 Meter entfernte Decke gerichtet, kleine „voll professionell aussehende“ Bouncerkarte noch obendrauf und… Dauerfeuer! Viel Spaß nach dem Gig an den tollen Stimmungsbildern und noch mehr Spaß während des Gigs bei der Diskussion mit der Security. (Zum Glück diskutieren Security-Menschen nicht lange und das ist auch gut so…) Witzigerweise beschweren sich diese Deppen dann oft hinterher in Fotoforen über das „unmögliche Gehabe“ der Security auf Gigs. Dass diese aber – im Gegensatz zum Fotodeppen – in diesem Fall ihren Job richtig machen, dazu fehlt’s dann doch an Verständniskapazität im Oberstübchen.

So, meine lieben Fans in manchen Fotoforen: Nun fallt wieder kräftig über mich her – wir sehen uns dann beim nächsten Gig: Ich im Graben und auf der Bühne, Ihr beim Schild „Wir müssen leider draußen bleiben“.